02-05-1941

Meine lieben Kinder, 5. II. 1941

Für euren, sowie der Eltern und Salomons Brief sage meinen besten Dank und ganz besonders für die guten Geburtstagswünsche, hoffentlich werden sie zur Wahrzeit, dass ich wieder ganz gesund werde und meinen nächsten Geburtstag mit Euch feiern kann. Es freut mich sehr, dass eure l. Eltern so nett von dir schreiben und dich so lieb gewonnen haben, was ja auch selbstverständlich sein muss; denn du l. Martin wirst dein Möglichstes dazu beitragen, dass es auch nicht anders sein kann. Mein Wunsch, l. Mitzi, ist, dass Ihr Euch so gern habt, wie ich und meine Frau uns hatten. Nachdem Ihr alle so schön von eurem gemütlichen Heim schreibt, wird mir die Zeit lang, bis mich davon überzeugen kann.

Diese Woche war hier beim Hilfsverein und wurde mir dorten gesagt, dass wir in 4-5 Monaten nach Stuttgart bestellt würden, aber vor allem müssen wir nochmals eine neue Bürgschaft haben, da alle, die vor dem 1. September ausgestellt sind, ungültig sind. So leid mir es ja thut, dir nochmals die Unkosten zu machen, ist es aber doch nicht zu ändern. Ich denke, wenn Ihr beide jetzt bürgt und euren Verdienst angebt, dass ein Accreditiv nicht nötig ist. Wenn du jedoch in der ersten Bürgschaft vom Juni Accreditiv gestellt hast, wirst du es wieder thun müssen.

Frieda Kahn war letzte Woche in Stuttgart., um zu hören, wann sie ihr Visum bekommen und wurde ihr gesagt, das sie an Carl telegraphieren soll, dass ihnen monatlich von dem gestellten Accreditiv von der Bank 100 Doll. zur Verfügung gestellt werden, damit , wann sie drüben sind, dasselbe nicht auf einmal abgehoben oder anderwärts darüber verfügt werden kann. Wenn du aber in der letzten Bürgschaft ein Accreditiv gestellt hast, so erwähne auch in der neuen nichts davon. Also schicke sofort nach Erhalt dieses eine Bürgschaft nach Stuttgart und eine Photocopie an mich; bis diese eintreffen, gehen auch 3-4 Monate darauf und denke ich, dass sie dann rechtzeitig eintreffen; allgemein hört man, dass in St(uttgart) Erleichterungen eingetroffen seien. Onkel Salomon kannst, du sagen, dass sein Freund Hermann Frohmann gestern in St(uttgart) war und hofft, wenn er einen Schiffsplatz bekommt, am 25. II. abzufahren. Frau Guckenheimer bat mich, dir zu schreiben, dass du die Liseloth mal aufnehmen und ihr ein Bild schicken sollst. Sie wa ja während meiner Krankheit auch sehr hilfsbereit zu mir. Ich glaube euch schon geschrieben zu haben, dass ich streng salzlos lebe, was mir sehr gut bekommt. Heute Mittag habe Herrn Hayum von Trebur im Krankenhaus besucht , wo er an einem Bruch operiert wurde. Es ist der Schwager von Carl Levy, den ihr vor seiner Abreise damals in Trebur noch besuchtet. Hayum denkt in 3 Monaten auswandern zu können.

Liebe Mitzi, grüsse deine Eltern von mir und sage, sie sollten mich entschuldigen, dass ich nicht extra an sie schrieb, aber es strengt mich z. Z. noch ein wenig an. Sobald mich wieder besser fühle, hole das Versäumte nach. Ist aber doch gut gemeint von mir. Desgl. gilt für Onkel Salomon und Nachmann; grüsst sie ebenfalls von mir und dankt ihnen für ihre l. Zeilen und guten Wünsche in meinem Auftrage. Ich hoffe bald wieder von Euch zu hören und seid beide recht herzlich geküsst von Eurem Vater.

Meine Lieben! Recht herzl. Dank für eure Grüsse und erwidere dieselben recht herzlich, G.s.D. Vater geht es eben ganz anständig und bin wieder aus ausquartiert in unser Schlafzimmer, denn wir haben eine Klingel machen lassen. Du, l. Martin, kannst Du begreifen, dass Vater ängstlich geworden ist; ich lasse ihn selten allein ausgehen. Gern würde in eurem Heim mal Umschau halten , nur schade, dass von unseren Sachen nichts geben können, obwohl von früher vieles fehl

Hast Du an Tante Hans geschrieben, die arme Frau muss überall dabei sein. Bleibt weiter gesund .............................?Johanna Kossmann.

My dear children,

Thank you very much for your letter, as well as for the in-laws’ and Salomon’s letter, and especially for the nice birthday wishes; hopefully they will come true, and I will fully recover and can celebrate my next birthday with you. I am so glad that the parents of Mitzi write such nice things about you and that they took you in their heart; naturally, this was bound to happen. For I know that you, dear Martin, will do your best to keep it that way. My greatest wish, dear Mitzi, is that the two of you love one another just like my dear wife and I did. Since you wrote about your warm home in such glowing terms, I am becoming rather impatient for having to wait so long until I can see it with my own eyes.

This week I went to the Aid Society and was told by them that our turn to go to Stuttgart will come up in 4-5 months, but most importantly, we need a new sponsorship because all those dated before Sept 1 are now no longer valid. I am very sorry to cause you once more such an inconvenience, but I have no control over this. I think if you now both declare a sponsorship with the sum of your two incomes, maybe then you do not need further accreditation. But if your accreditation for the first sponsorship is dated before June, you will have to have a new one.

Frieda Kahn went to Stuttgart last week to find out when she would get her visa and was told that she should contact Carl that they should have 100 dollars/month by the bank from the accreditation sum, so that once they are over there, this sum would not be withdrawn all at once or in some other way taken from them. But if you added an accreditation to the last sponsorship then do not mention it at all in the new one. So, immediately upon receipt of this letter, please send a new sponsorship to Stuttgart and a copy of it to me. It will take 3-4 months anyway until these arrive in time; in general, the word is that in Stuttgart, they eased up somewhat. You can tell Uncle Sal that his friend Hermann Frohmann was in Stuttgart yesterday and hopes he can leave on Feb 25, if he gets a ticket for the ship. Mrs Guckenheimer asked me to tell you to contact Liseloth and send her a picture. She was most helpful to me during my illness. I believe I have already written to you that I strictly must not eat any salt now, but this makes me feel very good. Today we visited Mr Hayum of Trebur in the hospital where he had a hernia surgery. He is the brother-in-law of Carl Levy who you had visited in Trebur back then, before his trip. Hayum thinks he can leave in 3 months.

Dear Mitzi, please give my greetings to your parents and convey my apologies for not writing extra to them, but I find it still a bit too tiring. As soon as I feel better, I will make up for it. I mean it well though. Same goes for Uncle Salomon and Nachmann; greetings to them and thank them for their kind letters and well wishes. Hope to hear from you too soon and warm kisses from your father.

My Darlings,

Thank you very much for your greetings. The same to you. Thank God Father is alright now and I am back to my bedroom as we have installed a bell for him. Dear Martin, can you imagine that Father became anxious; I rarely let him go out alone. I’d love to see your home; it is only a pity that we cannot give you anything from our things, even if we are missing many things from former times.

Have you written to Aunt Hans? That poor woman wants to be included in everything. Stay healthy.

Johanna Kossmann.