07-14-1940

Lieber Martin 14. VII 40

Dein Bf. vom 2. VII traf heute ein und war ich sehr erstaunt, daraus zu ersehen, dass Harry keine Bürgschaft gab, wo du doch im Bf. vom 22. 5. schriebst, du solltest nur alles fertig machen, er würde es unterschreiben. Ich kann mir dies nur damit erklären, dass er sowie Max Herz durch deine gehabte Heiratsgedanken Misstrauen hegten und glaubten, sie müssten für uns evtl. später mal aufkommen. Aber dessen ungeachtet musst du jetzt erst recht ins Windermere gehen und nichts hiervon bei ihnen merken lassen, denn wenn es nötig ist und ich bräuchte sie, dass sie keinen Grund hätten, es abzulehnen, wenn ich ihnen direkt schreiben oder telegraphieren würde; denn ich weiss ja nicht, ob deine Bürgschaft allein in St.(uttgart) genügt.

Was Siegfr.(ied) Lory? betrifft, so liegt der Fall anders, denn der hat es bei seinen Verwandten, durch sein eigenes Verschulden verscherzt, indem er sie wie es ihm schlecht ging durch gemeine Lügen um einige tausend Doll.(ar) betrogen hat. Hiervon lass bei niemandem was merken und sprich nicht darüber!

Julius Kahn gehen am Dienstag nach Stuttgart und werden dann in den ersten Tagen über Russland abreisen, was heute die einzige Möglichkeit (ist). Ich habe dir doch schon einmal geschrieben, dass du dich mit Carl K.(ahn) in Verbindung setzen sollst, der doch genau im Bilde ist und dir über alles Aufschluss geben kann, zumal heute alles mit zu viel Umständen verknüpft ist. Hast du denn keine Möglichkeit, mit ihm zusammen zu kommen? Was deine Hoffnung betr. des Krieges betrifft, dass er bald zu Ende ist, hoffen wir alle.

Du schreibst, dass Ruth nach Chicago kommt, demnach hat sie sich mit Else wieder ausgesöhnt. Ich habe auf meinen letzten Bf. von Hanna und Ruth keine Antwort bekommen. Dein Bf. vom 10. VI. mit der Abschrift deiner Bürgschaft ist jetzt noch nicht eingetroffen. Heute hörten, dass Gina und Alice und die anderen noch nicht zurück sind. Grüsse alle Verwandten und Bekannten und sei du herzl. geküsst von deinem Vater.

Einliegend Rückportoschein.

Dear Martin,

Your June 2 letter arrived today and I was much surprised to see that Harry did not provide a sponsorship when you in your letter of May 22 had written that you would make everything ready and he would sign it. My only explanation for this is that he and Max Herz became concerned upon hearing about your marriage plans, thinking that they would eventually have to support us later. Regardless, you must now really get to it, and don’t let them know about this, because if I need them later and they did not have any objections after all, I would write to them directly; I am not sure your sponsorship alone would be enough for Stuttgart.

As far as Siegfried Lory is concerned, the case is quite different, because he messed it up himself with his relatives, when, as he was not doing well, he cheated them out of several thousand dollars through lies. Do not know, nor talk to anybody about this!

Julius Kahn’s family is going to Stuttgart on Tuesday and then they will leave via Russia, which is currently the only chance. I have already asked you to get in touch with Carl Kahn who knows of all this exactly and can explain it all to you as everything here is rather complicated. Don’t you have a chance to meet him? You, and everybody else, we are all hoping that the war would end soon.

You write that Ruth is coming to Chicago, which means they are friends again with Else. I have not received any response to my last letter to Hanna or Ruth. Your letter of June 10 with the copy of your sponsorship has not arrived yet. Today we heard that Gina and Alice and the others are not back yet.

Greetings to all and warm kisses to you from your father.

Enclosed: return postage