10-09-1937
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October 9, 1937
Nr. 65 Groß-Gerau, d. 9.10. 1937
Lieber Martin
Wir haben Deinen lbn Brief erhalten und habe ich mich gefreut zu hö(h)ren, daß es Dir lieber Martin gut geht. Dein Bild ist sehr gut getroffen. Heute Morgen war ich in der Synagoge, da der Abschiedsgottesdienst von Siegfried Goldberger war. Max Mayer hat sehr schön einige Sätze für S(iegfried) gesprochen. Heute Morgen war auch Leopold Hirsch von Büttelborn das erste Mal seit seiner Krankheit wieder hier zum Gottesdienst, welcher ausgezeichnet aussieht.
Nächsten Dienstag fährt Siegfried über Le Havre ab. Ende Nov. fahren Rudolf Kahns ab. Mitte Nov. fährt Hertha Kahn ab.
Tante Hilda ist heute auf einige Tage nach Mainz zu Tante Selma, da Berthel heute auf einige Tage nach Mainz gekommen ist. Nächsten Mittwoch wollen uns Kramers von Mainz besuchen. Heute Abend sind die Skatspieler bei Onkel S(alomon), welcher am Donnerstag Morgen von Morgens seit 7 bis Abends um 7 Uhr auf dem Acker war und hat geholfen Kartoffel ausmachen.
Hast Du Julius Kahns schon gesprochen? Haben August Hirschs nun eine größere Wohnung?
Hier wird es für mich täglich einsamer Die längste Zeit hat es gedauert, dann bin ich al(l)eine hier. Welches für mich nicht angenehm ist.
Wenn Du, lieber Martin, Lotte Lindauer und Walter Blum einmal wieder sehen solltest, grüß Sie doch bitte beide recht herzlichst von mir.
Nächsten Montag wandert Blanka nach Argentinien aus. Am Donnerstag kamen Else und Job wieder von Lohnstein zurück.
Bei Friedels Schott 30. Geburtstagsfeier war es gans(z) gemütlich. Es waren dort Ruth, Hilde, Liesel G., Siegfried G(oldberger) und meine Wenigkeit.
Hab ich es Dir, lieber Martin, schon geschrieben, daß Familie Ida Hirsch und Salmon Marx u. Familie Nachmann Broches sind . Und zwar kommt es daher, weil sich Job mit Herr(n) Mayer in Ingelheim asoziiert hat ohne daß er Heinz einen To(h)n davon gesagt hat. Sie betreten gegenseitig nicht mehr das Haus. Job war der schuldige Teil. Er hat es auch eingesehen. Sobald jetzt Onkel S.(alomon) nach Mainz fährt, geht er zuerst zur Tante Selma und ruft Tante Ida an. Was sagst Du dazu?
Kommst Du auch noch ab und zu zur Familie Wieseneck?
Und hörst du eigentlich noch an Deinem Radio? Oder hast Du ihn gar nicht mehr?
Kommst du eigentlich noch mit Walter Seligmann zusammen? Ich bin zur Zeit al(l)eine zu Haus, während meines Briefschreibens bin ich am Konfekt knappern und Trauben essen. Das Konfekt stammt von uns, die Trauben stammen von Lohn(s)heim. Hast Du auch schon f(v)ieles Obst gegessen? Der Bäcker Hermann Sperling von Hier (genannt Herrman(s)che) hat das Haus von Flörsheimers gekauft, da er demnächst heiratet und Bauer wird.
Bobbel erwartet auch bis Dez. etwas Kleines.
Welche Beschäftigung hast Du zur Zeit in deinem neuen Beruf?
Nun, lieber Martin, hoffe ich, daß Dir mein Wochenbericht gefällt. Sonst fällt mir Heute nichts mehr ein. Grüß mir bitte alle Bekandte dort und sei du, lieber Martin, v(f)ür Heute recht herzlichst gegrüßt und geküßt von Deiner Schwester Hede
Schreibe bitte bald wieder. Gib mir bitte darauf Antwort???
Alle Groß-Gerauer lassen Dich grüßen.
Lieber Martin!
Sind auf dem Bild , welches Du im vorletzten Brief geschickt hast, der Herr neben Dir und das Mädel unter diesem Herr(n) Geschwister?
Denn es würde uns Alle interessieren?
Es war das Bild von Rosh Hashanah 5698
1937
Number 65, Gross-Gerau, October 9th, 1937
Dear Martin,
We received your letter and I was happy to hear you are doing well. Your picture looks great. This morning I went to the synagogue to attend the farewell service for Siegfried Goldberger. Max Mayer said a few very beautiful things about Siegfried. Today was also the first time since his illness that Leopold Hirsch of Büttelborn was in the synagogue. He looks great.
Siegfried is leaving via Le Havre next Tuesday. Rudolf Kahn’s family leaves end of November; Hertha Kahn mid-November.
Aunt Hilda is visiting Aunt Selma for a few days in Mainz, because Berthel is there now. The Kramers want to visit us next Wednesday from Mainz. The Skat game will take place at Uncle Salomon's tonight. He was in the fields from 7 on Thursday morning till 7 in the evening to help with the potatoes.
Have you already spoken to Julius Kahn? Does August Hirsch’s family have a larger apartment now? Every day it becomes lonelier and lonelier for me here. It has taken a long time, but then I will be the only one left here, which is not that great for me. Dear Martin, should you meet Lotte Lindauer and Walter Blum again, please give them my warmest greetings. Blanka emigrates to Argentina next Monday. Else and Job returned from Lohnstein on Thursday.
It was pretty nice at Friedel Schott’s 30th birthday party. Ruth, Hilde, Liesel G. Siegfried Goldberger and yours truly attended.
Have I already told you, dear Martin, that the families of Ida Hirsch, Salmon Marx and the Nachmanns are very upset – just because Job went to Herr Mayer in Ingelheim without telling Heinz a word about it. Now they are not even setting foot into each other’s home. It’s Job’s fault. He admitted this, too. As soon as Uncle Salomon is going to Mainz, he will first visit Aunt Selma and call Aunt Ida. What do you think of that?
Do you still sometimes see the Wiesenecks? And do you sometimes listen to your radio? Or perhaps you don’t even have it anymore?
Do you sometimes get together with Walter Seligmann? Right now I am alone in the house, snacking on sweets and grapes while I am writing this letter. The sweets are from us, the grapes from Lohnsheim. Do you also get to eat lots of fruits? Hermann Sperling, the baker from here (we call him Herrmansche) bought the house of the Flörsheimers, because he will get married shortly and will become a farmer.
Bobbel is also expecting a little one by December.
What exactly do you do in your new job?
Well, dear Martin, I hope you like my weekly report. Otherwise I have nothing else new. Say hello to all over there and warm greetings and kisses from your Sister Hede. Write again soon, please. Answer me, please! All of Groß-Gerau sends its greetings.
Dear Martin,
On the picture that you had sent us with your letter before the last one, the man next to you and the girl under him – are they siblings? We were all wondering about that.
It was the picture from Rosh Hashanah 5698
1937
credit: bg